Wenn Sie eine Immobilie des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkaufen, müssen Sie den realisierten Wertzuwachs als Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuern. Dagegen muss bei einer Veräußerung binnen zehn Jahren kein Gewinn versteuert werden, wenn die Immobilie zuvor selbst genutzt wurde. Hierzu muss eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entweder
- im kompletten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung oder
- im Veräußerungsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren
vorgelegen haben.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit der Frage befasst, ob infolge eines trennungsbedingten Auszugs und sich anschließender Scheidung beim Verkauf eines Miteigentumsanteils ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt.
Im Streitfall hatten Eheleute ab 2008 gemeinsam mit ihrem Sohn ein Einfamilienhaus bewohnt, das im hälftigen Miteigentum beider Partner stand. Als die Ehe in die Krise geriet, zog der Mann im Jahr 2015 aus. Die Ehefrau blieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie wohnen. Zwei Jahre später verkaufte der Mann seinen Miteigentumsanteil an seine Ex-Frau, nachdem sie ihm die Zwangsversteigerung der Immobilie angedroht hatte. Das Finanzamt besteuerte den Wertzuwachs als privaten Veräußerungsgewinn und erhielt hierfür nun grünes Licht vom BFH.
Der Kläger habe die Immobilie weder durchgängig noch im Jahr der Veräußerung und in den beiden Vorjahren selbst genutzt, denn er sei bereits im Jahr 2015 ausgezogen. Eine mittelbare Nutzung zu eigenen Wohnzwecken könne zwar darin gesehen werden, dass er seinem Sohn die Immobilie unentgeltlich zur Nutzung überlassen habe. Ausschlaggebend sei hier aber die Nutzung durch die geschiedene Ehefrau. Diese Nutzung sei keine Eigennutzung durch den Ehemann mehr („schädliche Mitbenutzung“).
Hinweis: Eine Zwangslage, die ein privates Veräußerungsgeschäft hätte ausschließen können (wie bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung), lag nicht vor. Die geschiedene Ehefrau hatte ihren Ex-Partner zwar erheblich unter Druck gesetzt, er hat seinen Anteil an dem Einfamilienhaus aber freiwillig – zu einem angemessenen Preis – an seine geschiedene Frau veräußert. Laut BFH hat sich der Kläger damit wirtschaftlich betätigt.
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